Employer Branding _

Können wir mithalten?

Employer Branding als Impuls für unternehmerisches Selbstbewusstsein.

Fast jedes Employer Branding-Vorhaben startet mit dem Wunsch, erfolgreicher die passenden Fachkräfte zu finden. In den Auftragsbesprechungen erleben wir aber häufig, dass das nicht das einzige Motiv für ein Employer Branding-Projekt ist.

 

Die eigenen Stärken kennen wollen.

 

Häufig ging es den Auftraggebern auch darum, das eigene Unternehmen mehr und vielleicht auch besser zu verstehen. Das hörte sich so an:

 

  • Variante 1: „Ich möchte in drei, vier Begriffen sagen können, was uns ausmacht.“

 

Der Auftraggeber war überzeugt, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Aber wie lassen sich die Vorzüge und Stärken kompakt benennen, ohne dass man nach Worten kramt oder vom Hölzchen aufs Stöckchen kommt? Welche Eigenschaften sollte man zuerst nennen? Gerade weil man oft nicht viel Zeit hat, um einen interessanten Kandidaten für sich zu gewinnen, will man schnell und zutreffend auf den Punkt kommen.

 

  • Variante 2: „Sind wir als Arbeitgeber so attraktiv, wie wir glauben?“

 

Auch hier war der Auftraggeber eigentlich der Meinung, für Fachkräfte ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Aber ein Zweifel hatte sich eingeschlichen. Kennen wir wirklich die Erwartungen und Vorstellungen vom Berufsleben unserer Zielgruppe? Hat sich mit einer neuen Generation nicht auch etwas verändert, was wir nicht mehr verstehen oder berücksichtigen? Vielleicht stimmt nicht mehr, was früher gestimmt hat.

 

  • Variante 3: „Was wir machen ist sehr speziell. Wie können wir das ausdrücken?“

 

Was eine Bäckerei macht, kann sich jeder gut vorstellen. Aber es gibt heute viele Unternehmen, die sich hochgradig spezialisiert haben, und es ist nicht leicht auszudrücken, was diese Unternehmen exakt tun. Entsprechend schwer fällt es diesen Unternehmen, sich gegenüber Bewerbern darzustellen oder einen zugkräftigen Job-Titel für die Spezialisten-Tätigkeit zu formulieren. Mit dem Employer Branding-Projekt will man rausrücken aus der Sicht- und Sprachlosigkeit.

 

  • Variante 4: „Was wir machen, tun viele. Was hebt uns ab?“

 

Hier ist die Lage umgekehrt. Wer Pflegekräfte oder Bauingenieure sucht, hat kein Problem mit der Job-Bezeichnung, wohl aber mit dem Kontrast zu all den anderen Unternehmen, die die gleichen Fachkräfte suchen. Hier bleibt nur die Möglichkeit, mit der eigenen, besonderen Unternehmenskultur zu werben. Aber was genau ist denn das Besondere hier? Wie lässt sich das überzeugend ausdrücken? In allen vier Fällen muss man also einen ersten Schritt vor dem zweiten gehen. Bevor man anderen die Vorzüge des eigenen Unternehmens nahebringen kann, muss man sie selbst klar haben. Hierfür liefert ein Employer Branding-Projekt wertvolle Impulse.

 

 

Die passenden Worte finden.

 

„Wie soll ich wissen, was ich meine, bevor ich höre, was ich sage?“ Dieser nicht ganz ernst gemeint Satz beschreibt einen Zusammenhang zwischen Aussprechen und eigenem Verstehen, den fast jeder kennt. Unser Denken findet meistens vorsprachlich statt, und erst wenn wir einen Sachverhalt mit eigenen Worten formuliert haben, haben wir ihn ganz erfasst. Das Aussprechen, das In-Worte-fassen gibt einem Gedanken Schärfe und Kontur, man kann ihn anderen mitteilen, man kann ihn abwägen, bewerten und Konsequenzen ableiten.

 

Genau das geschieht in dem „Employer Branding-Radar“, wie wir die Analysephase für eine Arbeitgebermarke nennen. Wir arbeiten mit Gruppengesprächen und Interviews, in denen die Menschen zu Wort kommen, die die Tätigkeiten und das Unternehmen gut kennen. Sie berichten von ihren Erfahrungen mit Kunden, Kollegen und Chefs, was sie toll finden und was nicht, womit sie sich rumschlagen und worauf sie stolz sind. Und wir hören uns das aus verschiedenen Perspektiven an: aus der operativen Ebene, dem Management, Mitarbeitern im Kerngeschäft und aus den zuarbeitenden Funktionen. Daraus destillieren wir die durchgängigen Merkmale, die das Unternehmen ausmachen. Unser Job ist es, die „passenden Worte“ zu finden, die das Unternehmen in seinen vielen Eigenschaften, Stärken und eventuellen Widersprüchlichkeiten beschreiben. Sie speisen sich sowohl aus einer Innen-Sicht, weil unsere einzige Quelle die Mitarbeiter sind, als auch einer Außen-Sicht, weil wir als Externe und ohne Schere im Kopf zuhören.

 

Damit gehen wir dann ins Rennen, wenn wir das Analyseergebnis vorstellen. Das hat aber weniger mit dem Abliefern eines Arbeitsergebnisses zu tun, als vielmehr einem Angebot für die passenden Worte. Denn mit dem Analyseergebnis bieten wir neue und andere Beschreibungen und Formulierungen dessen an, was das Unternehmen prägt, eine neue Wahrnehmung des Unternehmens und seiner Eigenschaften.

 

„Jeder wusste es, aber keiner konnte es so sagen.“

 

Unsere Auftraggeber hören uns mit einer Mischung von „Wussten wir schon“ und „So haben wir es noch nicht gesehen“ zu. Sehr vertraut und neu zugleich kommt ihnen die Beschreibung ihres Unternehmens vor. Zwei Beispiele:

 

1. Den Verantwortlichen eines produzierenden Unternehmens war schon klar, dass der eher autoritäre Stil des Ausbildungsleiters nicht mehr zeitgemäß ist. Nicht so klar war ihnen, dass das Unternehmen heute bei der Rekrutierung von Auszubildenden vor allem die untere Hälfte der Motivierten und Talentierten erreicht, und der autoritäre Führungsstil genau die kräftigen Impulse liefert, die für diese Auszubildenden wichtig sind und sie zu guten Abschlüssen führt. Das ist eine wertvolle Leistung und muss bedacht werden, wenn man an den Umbau des Auftritts als Arbeitgeber geht.

 

2. Den Verantwortlichen eines Finanzvertriebs war schon klar, dass sie Neueinsteigern eine exzellente Weiterbildung angedeihen lassen und darüber ehrgeizige und eigen-motivierte Personen ansprechen. Nicht so klar war ihnen, wie sehr sie diese Menschen nach drei, vier Jahren frustrieren, weil sie ihnen nach einem so furiosen Start keine weiteren Entwicklungspositionen mehr bieten. Der Stolz auf die sehr gute Weiterbildung ist berechtigt, aber es ist eine Leistung mit Verfallsdatum. Das braucht eine neue Lösung, wenn man sich überzeugend als attraktiver Arbeitgeber präsentieren will.

 

In beiden Fällen hat das Analyseergebnis den Blick geschärft für die spezifischen Stärken und deren Wirkungen im Unternehmen. Das erweitert für alle den Handlungsraum. Nach einer Ergebnisvorstellung sagte mir ein Teilnehmer: „Jeder wusste es, aber keiner konnte es so sagen.“ Jetzt ist es auf dem Tisch, und die Verantwortlichen im Unternehmen können sich entscheiden: Wollen wir es so lassen oder wollen wir es ändern? Das ist ein guter und auch notwendiger Ankerpunkt für eine starke Arbeitgebermarke. Denn Selbstbewusstsein beginnt bei Selbstwahrnehmung. Dieser Realismus nimmt vorweg, was andere Außenstehende – die Bewerber – auch sehen. Dann ist man froh, wenn man eine geklärte Position bezogen hat.

 

Von Claudio Ingendaay (perbene  Beratung)

https://www.perbene-beratung.de/blog/artikel/koennen-wir-mithalten-employer-branding-als-impuls-fuer-unternehmerisches-selbstbewusstsein

 

 

Weitere Informationen zum Employer-Branding-Radar finden Sie hier 

https://www.hhbrand.de/employer-branding